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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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20.04.2005
 

Deutsch als Fremdsprache

Wieder eine Neubearbeitung, die dem Deutschen als Fremdsprache keine Freunde zuführen wird:

em neu Hauptkurs Deutsch als Fremdsprache Niveaustufe B2 (Max Hueber Verlag 2005)

dass die Unterbringung ganz und gar nicht zufrieden stellend ist (34)
Das Frühstück ist nicht zufrieden stellend. (92)
Franz Förs findet eine viel versprechende Annonce (87)
wird von seinen ehemaligen Klassenkameraden nicht mehr wieder erkannt (95 und 96)
Um nicht wieder erkannt zu werden ... (124)
(In Langenscheidt Großwörterbuch DaF steht tatsächlich nur wieder erkennen, im neuen Rechtschreibduden beides als Variante von wiedererkennen, aber mit unschiedlicher Betonung – also kann es keine Variante sein)
Er hatte Recht. (126)
Der Ausdruck so genannte Fernbeziehungen wird ausdrücklich hergeleitet aus Fernbeziehungen, die so genannt werden (159). Das ist falsch, wie schon die Betonung zeigt: Die Anfangsbetonung von sogenannt beweist die Univerbierung.
Pronomina ersetzen keine Nomen (114), sondern allenfalls Nominalphrasen, aber das gilt nicht für „Personalpronomen“ der ersten und zweiten Person und auch nicht für alle Indefinitpronomina. Im Text kommen dann Demonstrativpronomina vor, die gar nicht genannt sind. Die Angaben über es sind dürftig oder geradezu falsch.
(Bei der Seitennumerierung hat der Verlag es versäumt, auf den geraden Seiten die Nummern an den linken Rand zu setzen.)
Druckfehler: gesündern zu leben (142)
Riesenformat, wenig Inhalt, langweilig. Der Wortschatz wird im Zeichen der Authentizität durch entlegene Ausdrücke belastet (virtuell gehörnte Ehefrauen u. ä.). Der Wortschatz ist offensichtlich gar nicht kontrolliert. Immerhin sind geschützte Texte in originaler Orthographie belassen.



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Kommentare zu »Deutsch als Fremdsprache«
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Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 21.04.2005 um 18.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#116

Ich bezweifle, daß die Anfangsbetonung von sogenannt etwas beweist. Bei attributivem Gebrauch werden erweiterte Adjektive (und Partizipien) eigentlich immer auf dem ersten Bestandteil betont.
 
 

Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 21.04.2005 um 19.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#118

Ich stimme Herrn Fleischhauer nicht ganz zu:
Beispiel: Wir kamen nach Ha-Neu. Die so genannte Stadt hieß eigentlich Halle-Neustadt.
Inhaltlich war das keine sogenannte Stadt, es war eine richtige Stadt. Die Wortgruppe "so genannte" wird auch anders betont, mit einem selbständigen, wenn auch schwächeren Ton auf dem zweiten, etwas abgesetzten Wort. Der Starkton nur auf dem "so" weist auf das zusammengeschriebene "sogenannte" hin.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 22.04.2005 um 00.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#120

"Ich bezweifle, daß die Anfangsbetonung von sogenannt etwas beweist. Bei attributivem Gebrauch werden erweiterte Adjektive (und Partizipien) eigentlich immer auf dem ersten Bestandteil betont."

Ein typischer Fall von Regelhörigkeit! Da geht schon mal das Gehör für die Sprache verloren. Was heißt "eigentlich immer"? Im Fall von sogenannt vs. ... so genannt gibt es einen deutlichen Aussprache- und Betonungsunterschied, wie das Beispiel von Professor Ickler verdeutlicht.

... so genannt ist eigentlich immer eine Ausnahme von Herrn Fleischhauers Regel zur Betonung von Erweiterungen vor Adjektiven und Partizipien. Deshalb gilt diese Regel eben nicht immer. Höchstens eigentlich immer.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.04.2005 um 05.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#121

Mir kommt es nicht auf das vielleicht etwas zu starke Wort "beweisen" an, sondern darauf, daß zwischen der sogenannten Rechtschreibreform und der von manchen so genannten Rechtschreibreform ein auch hörbarer Unterschied besteht und daß die im genannten Lehrbuch erwähnte Herleitung nachweislich falsch ist. Darüber waren wir uns vor Jahren schon mal einig.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 22.04.2005 um 12.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#122

Ich muß mich korrigieren. Es ist nicht richtig, daß die Erweiterungen (im attributiven Fall) grundsätzlich betont werden. Es gibt eine starke Tendenz, mehr nicht. Bei Betonungen kommt es auch immer auf den Fokus, die Aussage-Absicht des Sprechers, an. Man kann auch so betonen: das sehr wichtige Unternehmen u.ä. Interessant ist, daß mit der Betonung oft eine Bedeutungsänderung einhergeht. Ein betontes gerade hat eher seine "ursprüngliche" Bedeutung ("nicht krumm"), ein unbetontes eher nicht ("jetzt gerade"). Mit so verhält es sich ähnlich, wenn auch nicht so deutlich.
 
 

Kommentar von Jean M. Wittolsheimer, verfaßt am 14.05.2005 um 10.02 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#168

Deutsch als Fremdsprache, z.B. in Genf sieht so aus: Entgegen dem dem Gerücht, dass alle Schweizer viele Sprachen beherrschen, können die meisten Französischsprachigen kein oder nur sehr wenig Deutsch, denn sie haben kein Interesse daran. Die Motivationslage der Schüler war schon immer schlecht. Aber die Situation der Deutschlehrer kann man nur noch als desaströs bezeichnen. Man muss sich vorstellen, dass für Schüler, deren Deutsch extrem schlecht ist, eine Veränderung von < sogenannt > zu <so genannt > oder all die anderen Veränderungen Panik auslöst. In der Schule hat man nicht die Gelegenheit, auf Nuancen einzugehen. Von dem Rechtschreibchaos verabschieden sich immer mehr Lehrer innerlich, was zur Folge hat, dass die Schüler noch weniger lernen. Schade eigentlich, denn in den wirklich zweisprachigen Bürgern und Gegenden wie Biel/Bienne wird Deutsch von den Französischsprachigen wegen der Klarheit der Aussage vor allem in juristischen Texten und technischen Beschreibungen geschätzt. Diese Klarheit der Aussage durch Getrenntschreibung oder falsche Grossschreibung zu zerstören, ist ein Verbrechen. Deutsch als EU-Sprache zu verhindern, haben die Gallmänner erfolgreich geschafft.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2009 um 16.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#14324

Langenscheidt schickt einen Prospekt zur Neubearbeitung des Lehrwerks "Berliner Platz" (für Deutsch als Fremdsprache). Auf einer abgebildeten Musterseite lese ich:

Diese Lebensmittel aus aller Welt gibt es auch in Deutschland. Wie heißen Sie auf Deutsch?

Außerdem sollen die Handlungsfelder des Rahmencurriculums „in (statt „auf“) zwei zusätzlichen Seiten“ behandelt werden.

Die Übungen sind von ödester Art (Lücken ausfüllen usw.).

Von der einstigen behavioristischen Lernzielorientierung ist nur die äußere Hülle übriggeblieben, denn „Einkaufsdialoge verstehen und führen“ usw. ist kein operationalisierbares Lernziel.

Das Layout ist "frisch", wie der Verlag meint, aber mehr kann man zugunsten des Lehrwerks auch nicht sagen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.04.2009 um 16.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#14325

Sehe gerade, daß ich meine Bemerkungen zur ersten Ausgabe von "Berliner Platz" seinerzeit noch unter rechtschreibreform.com abgelegt hatt. Hier eine erweiterte Fassung:

„Berliner Platz“

Schon wieder ein neues Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache: "Berliner Platz 1" von Langenscheidt. Ich habe den ersten Band geprüft. Diese Lehrwerke gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Absolute Trivialisierung des Inhalts ("Alltag"). Leseprobe:
Um halb sieben stehe ich auf. Dann schalte ich das Radio ein und gehe ins Bad. Ich dusche und mache mich schön (Zähne putzen, Haare föhnen, rasieren). Um Viertel nach sieben mache ich das Bett und ziehe mich an. Um Viertel vor acht gehe ich in die kleine Bäckerei an der Ecke. usw.
Wenig Text auf vielen großen bunten und teuren Seiten, und natürlich die Übungen zum Hineinschreiben, so daß, wie heute üblich, das Buch nach einem Durchgang unbrauchbar ist für andere und für die eigene Wiederholung.
noch mal wird immer getrennt geschrieben. Das grammatisch falsche Leid tun kommt im Text einmal vor, ist aber im Wörterverzeichnis vergessen. kennen lernen und spazieren gehen sind trotz der Getrenntschreibung wie ein Wort markiert und werden so geübt, genauso inkonsequent wie die Wörterbücher.
Auf S. 131 ist das Anredepronomen Sie klein geschrieben. Manchmal stimmen die Betonungszeichen nicht, z. B. stehen sie S. 135 gleich auf den ersten beiden Silben von Anorak.
Auf S. 15 wird die Schreibschrift eingeführt, aber nicht die von den Kultusministern gerade flächendeckend eingeführte Vereinfachte Ausgangsschrift, sondern die bewährte Lateinische.
Druckfehler: Fächärztin (S. 97)
Es sind noch zwei weitere Bände angekündigt, dazu das übliche Drum und Dran.

Berliner Platz 3 (Langenscheidt 2004) Zertifikatsband

selbst, wer Kinder hat (12)
Bei einkaufen kann man eigentlich das Präfix nicht „auch ohne das Verb benutzen“ (15)
tut mir Leid (öfter), Recht haben
Jobwünsche usw. (immer „Job“ statt Beruf und Stellung)
Tempus: Obwohl ich ein Zimmer reserviert habe, war kein Zimmer für mich frei. (25)
Iss, so oft du willst, trink, so viel du Lust hast (28) (statt Zusammenschreibung)
Conrad Zuse (45) (Konrad)
noch mal (51, 141)
ein paar Mal (81) (sonst fünfmal usw.)
energiesparend (106), aber: Wer sein Haus Energie sparend modernisieren will (236)
Das Hotel heißt „Zur goldenen Sonne“ und „Zur Goldenen Sonne“ auf derselben Seite 148
was auf den ersten Blick Zeit sparend aussieht (204)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2010 um 16.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#16408

Erst jetzt ist mir auch ein Lehrwerk in die Hände gefallen, um das ich beim Erscheinen einen Bogen gemacht hatte, weil ich mir nicht viel davon versprach:

Buscha, Joachim u.a.: Grammatik in Feldern. Ismaning: Verlag für Deutsch 1998.

Das Werk ist ein weiterer Versuch (nach der „Kontaktschwelle“ usw.), die Sprache onomasiologisch geordnet darzustellen. Hier sind es eine Art Sprechakttypen, die das thematische Gerüst liefern; Begründen, Auffordern, Vergleichen usw. – Solche Versuche sind bisher nie gelungen. Die sprachliche Systematik geht verloren, weil sie nicht in kontrollierbarer Weise auf die Klassifikation der inhaltlichen Domänen abgebildet werden kann. Fehlt dann noch ein ausführliches Register, findet man gar nichts mehr.

Das vorgeführte und benutzte Vokabular läßt keinerlei Beschränkung erkennen, es werden seltenste Wörter gebraucht, auch Dialekt und Redensartliches.

Die Reformschreibung von damals ist angewendet, aber mit etlichen Fehlern:
Anredepronomen Sie usw. ist oft klein geschrieben.
als wären wir an allem Schuld (38)
wenn es mir auch sehr Leid tut (172) – Das galt ja damals als richtig, und ausgewachsene Germanisten haben es allen Ernstes weitergegeben.

Die feministische Korrektheit führt ständig zu umständlichen Formulierungen. Das Pronomen frau wird uneingeschränkt anerkannt. Es ist aber über gewisse Konventikel nie hinausgekommen.

Kostprobe des beschwerlichen Stils:
„Nonverbale Anrede. Als nonverbale Realisierungsmöglichkeiten sind in Abhängigkeit von der sozialen Beziehung der Partner folgende typisch:“ (20)

Zur „nonverbalen Anrede“ (!) rechnet das Werk noch folgende Formen: „Umarmen. Streicheln. Küssen. Schnipsen. Zwinkern. Zeigefinger vertikal vor den Mund halten.“ (20)
(Manchen gehen gleich zusammen ins Bett und erkundigen sich erst am nächsten Morgen nach dem Namen - wie in "Breezy" - ist der Beischlaf auch eine nonverbale Anrede?)


Von Ausländern, die solche "Anrede"-Formen lernen und benutzen, möchte man eher nicht angeredet werden.

Bei einem Gedicht von James Krüss (30f.) ist der Zeilenumbruch völlig durcheinandergeraten, die Verse sind teilweise nicht mehr zu erkennen. Wieso hat das niemand bemerkt?

In dem großen Kapitel über Formen der Begründung wird die geläufigste Form, nämlich die Modalpartikel ja, überhaupt nicht erwähnt.

Der Alphabet und die Alphabetin (52) sind Scherzbildungen, da die Bahuvrihi-Bildung zweiteilig ist, hier also das negierende An- eigentlich nicht fehlen darf. Das scheinen die Verfasser nicht zu wissen.

Ich habe mir nur ein paar Seiten am Anfang angesehen, dann wurde es mir langweilig.

Das Werk ist stillschweigend vom Markt verschwunden. Mich würde aber interessieren, ob jemand damit zu arbeiten versucht hat und was er davon berichten kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.10.2015 um 07.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#30304

Helmut Glück, Professor für Deutsch als Fremdsprache, spricht sich in der FAZ (22.10.15) für eine sprachwissenschaftlich fundierte Ausbildung der Deutschlehrer aus, die jetzt in großer Zahl gebraucht werden. Leider ist nicht bewiesen, daß die Linguistik bessere DaF-Lehrer macht. Man denke an die erfolgreichen früheren Intensivkurse reisender "Sprachmeister", an Französisch lehrende Gouvernanten usw. – wir haben das schon erörtert.

Viele Lehrwerke sind linguistisch fundiert, taugen aber trotzdem nicht viel.

Das akademische Fach Deutsch als Fremdsprache beschäftigt sich noch weniger als die normale Deutschlehrerausbildung mit der Unterrichtspraxis. Man sollte sprachliche Sachverhalte einfach und korrekt erklären und vor allem vermitteln können, das ist die Mindestvoraussetzung, aber es erfordert recht wenig Sprachwissenschaft. Die eigentlichen Unterrichtsprobleme sind ganz andere, ähneln eher denen einer krassen Sonderschulpädagogik.

Als jenes akademische Fach entstand (oder wiedererstand), war es stark literaturwissenschaftlich orientiert: "Deutsch als Fremdsprachenphilologie" hieß es in Heidelberg (mit einem seltsamen Sprachschnitzer). Aber Dissertationen über die Kafka-Rezeption in China hätten auch in anderen Fächern geschrieben werden können und nutzen wenig. Daneben gab es an den PHs Deutsch als Zweitsprache als Zusatzstudium. Eine gewisse Kenntnis einiger Gastarbeitersprachen wurde gefordert und kann nicht schaden. Heute entfällt das, weil die gemischten Zuwanderergruppen zu viele sehr fremde Sprachen mitbringen. Es muß also viel Übung in einsprachigem Unterricht erworben und verlangt werden, nicht so sehr Linguistik. Die kann eher in den Lehrwerken untergebracht sein (woran es sehr fehlt, wie ich gerade wieder an "Menschen" (Hueber) sehe).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2015 um 11.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#30361

Für die sprachdidaktischen Verlage ist der Migrantenstrom ein Geschenk des Himmels. Auf der Buchmesse hatte Hueber eine ganze Stellwand mit dem neuen Lehrwerk "Menschen" zugepflastert. Und das ist nur eines von vielen.

Diese Lehrwerke sind alle ungefähr gleich. Meine Frau unterricht nach der sechsbändigen Ausgabe. Ein Band ist in sechs Wochen durch, dann wird vom Jugendamt der nächste an die unbegleitet eingereisten Jungs ausgeteilt. Die benutzten Bücher können nicht an die Nachfolger weitergegeben werden, weil hineingeschrieben worden ist und werden soll; das haben sich die Verlage schon vor längerer Zeit ausgedacht, um den Umsatz anzukurbeln. Früher ga es neben dem Kursbuch ein Arbeitsheft, heute werden beide vollgeschrieben.

Die jungen Leute fragten nach dem ersten Kurs, ob sie die Bücher nun in den Müll werfen sollten. Sie müssen den Eindruck bekommen, daß hier wirklich alles im Überfluß vorhanden ist.

Ich will über diese Lehrwerke eigentlich nichts sagen, erst im Unterricht merkt man auch die Schwächen.

Wie überall, wird der Inhalt nicht mit derselben Sorgfalt durchgearbeitet wie das Layout, denn für die Genehmigung durch staatliche Stellen und damit fürs Geschäft zählt nur letzteres.

Ich habe einen flüchtigen Blick ins Wörterverzeichnis geworfen. auf Wiedersehen steht unter A,auf Wiederhören unter W.
Ein Kapitel handelt vom Fahrrad, aber das Wort Fahrrad fehlt im Wörterverzeichnis.

Ist ja auch egal, denn nach sechs Wochen ... s. o.

Ein guter Lehrer kann auch mit schlechten Büchern arbeiten.
 
 

Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 28.10.2015 um 00.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#30366

Hierzu paßt die Situation der Flüchtlinge an einer niedersächsischen Realschule. Einige Kinder haben im Alter von 13 Jahren noch nie eine Schule besucht, sind somit Analphabeten. Andere sind aus der normalen Schullaufbahn zu Hause jäh herausgerissen worden. Deutsch kann keiner. Sie werden auf's Geratewohl nach Alter und Leistungsfähigkeitsvermutung auf die Klassen verteilt, denn eine eigene Sprachlernklasse gibt es mangels Finanzierung nicht.
Durch puren Zufall gibt es in ein, zwei Klassen Schüler, deren Herkunftssprache der der Flüchtlinge entspricht, so daß sie für die Flüchtlinge dolmetschen können. In den anderen Klassen verstehen die Flüchtlinge nichts, und weder die Lehrer noch die Schüler haben eine Kommunikationsmöglichkeit. Den Flüchtlingen wird eine Fibel ausgehändigt, in der eine Liste gängiger Vokabeln steht und eine Aufstellung von Piktogrammen von Alltagsgegenständen mit deutschen Untertiteln. Das Kultusministerium geht davon aus, daß die Flüchtlinge im Unterricht Begriffe aufschnappen und sie mit der Fibel lernen sowie anhand der Piktogramme Vokabeln pauken.
Für vier, fünf Unterrichtsstunden die Woche verlassen die Flüchtlinge den normalen Unterricht, um bei einem Kollegen mit DaZ-Ausbildung rudimentäre Deutschkenntnisse zu erwerben.
Hinzu kommt die Inklusion behinderter Schüler, die ebenso beiläufig stattfinden soll, weil nur eineinhalb Sonderpädagogikstellen zur Verfügung stehen, die von Sonderschullehrern gegeben werden, die in der ganzen Umgebung herumreisen und in jeder Schule ein paar Stunden halten. Die Schulleitung entschärft die Situation, indem sie in einigen Stunden einen zweiten Lehrer einsetzt, der sich um die Förderschüler kümmert. Manchmal nimmt der sich eines Flüchtlingskindes an und erlebt dann zum Beispiel, daß ein Fünftkläßler in 45 Minuten mit den Piktogrammen drei deutsche Wörter lernt.
Das ist der Alltag an einer ganz normalen Schule und bestimmt nicht der einzigen. Immerhin stellt das Land Niedersachsen jetzt Lehrer ein, die gezielt Flüchtlingen Deutsch beibringen sollen. Das ist anzuerkennen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.11.2015 um 11.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#30403

Die jungen Araber können zwar auch mehr oder weniger gut in lateinischer Schrift schreiben, aber selbst beim Schreiben ihres eigenen Namens (meistens Muhammad oder so ähnlich) sind sie unsicher, welcher Vokal einzusetzen ist und an welcher Stelle und ob überhaupt einer.

Das erinnert mich an die Inder, die selbst in Ladeninschriften usw. oft ihren Namen mal so und mal so schreiben. Von der Aussprache her ist nachvollziehbar, daß ein Pratap sich auch Partap nennt; man hört das wirklich nicht so genau. Bei uns und besonders im angelsächsischen Raum sind auf ähnliche Weise viele Phillip und Sybille entstanden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.03.2016 um 14.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=67#31825

Wie schon gesagt: Gouvernanten und Sprachmeister scheinen früher sehr erfolgreich Fremdsprachen vermittelt zu haben. Das Erfolgsgeheimnis bestand vielleicht in den kleinen Gruppen bzw. im Einzelunterricht. Talent und Erfahrung taten ein Übriges. Man könnte hunderttausend Deutschlehrer dieser Art rekrutieren und den Unterrichtserfolg marktwirtschaftlich auswerten lassen. Die Zuwanderer bekommen Unterrichtsgutscheine und wählen diejenigen Lehrer, die sie als erfolgreich einschätzen (es spricht sich herum). Für erfolgreich abgelegte Prüfungen gibt es eine Prämie.
 
 

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