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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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08.03.2011
 

Lybien
Hoffnungslose Ausspracheprobleme

Da Libyen jetzt wieder alle Aufmerksamkeit erfordert, quält sich eine wachsende Zahl von Menschen mit der Aussprache.
Das Adjektiv ist besonders schwer: libysch ist ja auch richtig mißgebildet, weil wir natürlicherweise ein -isch erwarten. Viele retten sich in lybisch, entsprechend Lybien. Aber in dieser Aussprache rückt Afrika zu nahe an Lübeck heran, das ist auch nicht schön. Die Sibylle hat als Frauennamen diesen Weg schon schadlos überstanden.
Möglich und richtig wäre die Aussprache (und Schreibweise) libyisch mit Betonung auf dem y.

Ein anderes schwer sprechbares Wort ist Diözese; kaum einer kriegt es richtig heraus.



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Kommentare zu »Lybien«
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.03.2011 um 22.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#18297

"Mißgebildet" ist gut. Warum tun wir uns eigentlich solche Zungenbrecher an? Wer zwingt uns denn, Libyen, libysch zu sagen und zu schreiben, anstatt zum Beispiel Libien, libisch?

Seit Jahrhunderten, noch bis in meine Schulzeit, war es üblich, schwer aussprechbare fremde Namen einzudeutschen. Die einmal eigedeutschten behalten wir auch bis heute bei. Wir sagen und schreiben Arabien, arabisch und nicht Arabiyya oder was es sonst noch für Umschriften gibt.
Wir reden von Moskau, Prag und Tokio statt Moskwa, Praha, Tokyo.
Wir sagen China, Japan statt Xinhua oder Zhongguo und Nippon. Frankreich statt France usw.
Wieso geht das nicht auch bei Libyen?

Ist es nicht eine ziemlich alberne Marotte, jeden fremden Namen unbedingt so aussprechen und schreiben zu wollen, wie in der Sprache der Bewohner? Ganz hundertprozentig funktioniert das sowieso nicht.
Warum finden wir für neuere Namen nicht genauso wie früher Bezeichnungen, die zu unserer gewohnten (Aus-)Sprache passen?
 
 

Kommentar von Karl Hainbuch, verfaßt am 11.03.2011 um 13.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#18302

Wer versuchen wollte, Lulea (mit Kringel) wie die Schweden auszusprechen, macht sich höchstens lächerlich. Der brave Sportreporter Dirk Thiele müht sich seit Jahren mit Adam Malysz ab.
Für die Schiedsrichter in Wimbledon hieß Michael: Stick
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 11.03.2011 um 13.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#18303

Lüläo. Malisch. Wo ist das Problem?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 11.03.2011 um 13.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#18304

Laut WELT ONLINE vom 13.07.2010 hieß die DDR-Modezeitschrift Sybille (mehrfach so geschrieben). Tatsächlich hieß sie aber Sibylle.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 11.03.2011 um 14.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#18305

Adam Malysz hat eigentlich noch einen Strich durch das l, spricht sich also mehr wie Mauwisch.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 11.03.2011 um 18.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#18308

Wir Deutschen halten uns nun mal für weltläufig, wenn wir Snacks essen und Events feiern. Derselbe Geltungsdrang ist vermutlich Ursache unseres Mühens um Beidsching, Andschelos Charisteas und den Káiros. Immerhin nennen wir Paris noch nicht Parie, und, noch besser, der Papst heißt jetzt Benedikt und nicht mehr Uoitiwua.
 
 

Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 13.03.2011 um 12.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#18313

Genau zum Thema Libyen hat Eike Christian Hirsch in seinem Buch "Deutsch für Besserwisser" unter dem Titel Die hybride Sibylle eine amüsante und kundige Glosse geschrieben.
Und zum Thema Eindeutschung oder Nichteindeutschung fremder Länder- und Städtenamen schreibt Rudolf Walter Leonhardt in seinem Buch "Auf gut deutsch gesagt" (Berlin, 1983) etwas im Kapitel Die Poznaner Messe, ohne zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen.
Ich greife einen Absatz heraus: "London ist eine freundliche Stadt. Sie klingt im Deutschen dem Englischen immerhin ähnlich, und man kann ein auch durchaus sprechbares Adjektiv "Londoner" bilden, aus dem nicht gleich Wurstartiges wird wie im Falle von Hamburg. [...] Rom - Römer, Paris - Pariser, New York - New Yorker: keine Schwierigkeiten; daß wir New York englisch, aber Paris deutsch aussprechen, muß wohl so sein. Florenz und Mailand, Neapel und Venedig werden eingedeutscht wie Kopenhagen und Lissabon; Sheffield, Marseille und Washington nicht. Ich habe noch keine befriedigende Erklärung dafür gefunden, warum wir gerade die italienischen Städt so leicht eingemeinden. Die italienischen Flüsse auch, vom Po, wo es leicht ist, bis zum Tiber, und da ist es ja schon schwerer. Vielleicht geht das bis ins Heilige Römische Reich Deutscher Nation zurück. Und jedenfalls spielt kein anderes Land in der deutschen Literatur eine so große Rolle wie Italien. Vorübergehende Zugehörigkeit zum österreichischen Sprachraum kann man zwar für Bozen, Mailand und Venedig geltend machen, aber nicht für Florenz statt Firenze und Neapel statt Napoli. Auch Moskau und die Moskauer passen noch ins einfache Schema. Den Fluß nennen wir dann aber eher und nicht ganz logisch die Moskwa. [...] "
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 28.11.2011 um 18.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#19609

Laut Duden wird der Name der Stadt Leiden im Niederländischen ohne das n gesprochen, also wie Leide. Kann das jemand bestätigen?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 28.11.2011 um 20.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#19610

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/79/Nl-Leiden.ogg
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 28.11.2011 um 20.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#19611

In der Standardaussprache fällt das n tatsächlich unter den Tisch.

Die Frage ist nur, warum der Duden überhaupt die niederländische Aussprache verzeichnet. Schließlich erfahren wir unter dem Stichwort »Groningen« auch nicht, wie die Holländer das G aussprechen und daß sie das Schluß-n auch hier wegfallen lassen. Unter »Paris« wird uns die Information vorenthalten, daß die Franzosen ihre Hauptstadt Pariii nennen. In der digitalen Ausgabe kann man sich »Leiden« sogar auf niederländisch vorlesen lassen. Da der Sprecher aber kein Muttersprachler ist, erfährt man auf diese Weise nur, wie man den Namen der Stadt mit deutschem Akzent niederländisch auszusprechen versuchen könnte. Wozu soll das gut sein?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 29.11.2011 um 04.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#19614

Vielen Dank!
 
 

Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 29.11.2011 um 09.39 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#19616

Hier versagte jedoch der Duden: „Zeg Scheveningen“ forderten niederländische Grenzer 1977 nach dem RAF-Mord an einem Polizisten, um ausreisende Deutsche mit falschen niederländischen Papieren zu enttarnen.
 
 

Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 29.11.2011 um 15.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#19620

Man spreche mal V-e-r-d-u-n oder N-a-n-t-e-s in Deutschland nicht französisch aus! Spott und Hohn sind einem gewiß, welch ungebildeter Mensch!
Und dann war da noch dieser beflissene Redakteur im deutschen Fernsehen, der in mehreren Folgen über den Interstate Highway Nr 5 berichtete; das amerikanische "r" konnte er gar nicht genug rollen, fast hat er seine Zunge verschluckt. Aber die amerikanische Sprechweise für Colorado hat er trotz zigmaligen Gebrauchs partout nicht hingekriegt.
Deutsche Eigentümlichkeiten?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.11.2011 um 16.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#19621

Die Erlanger wissen sehr wohl, wie sich ihre französische Partnerstadt Rennes ausspricht, aber an der Bushaltestelle Rennes-Straße wird der Name deutsch angekündigt (wie man es liest), sonst würde vermutlich kaum jemand verstehen, wo er gerade ist.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 29.11.2011 um 17.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#19622

Mit französischen Straßennamen ist es schon problematisch. In München gibt es eine Claude-Lorrain-Straße. Bevor die U-Bahn gebaut wurde, fuhr durch die Humboldtstraße die Straßenbahn, und die Haltestelle wurde entsprechend der Schrift "Klaude-Lorrein-Straße" ausgerufen. Ich glaube, die Anwohner wollten das so.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.11.2012 um 17.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#21871

Bin gerade auf Hyroglyphen gestoßen und sehe, daß es unzählige Belege gibt. Ich glaube, daß sehr viele Menschen es tatsächlich auch so aussprechen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 07.11.2012 um 19.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#21872

Belleallianxestraße (Hamburg)
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 02.02.2022 um 15.54 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#48452

Ich habe selbst womöglich einen kleinen Aussprachefehler.

Irgendwie erscheint mir die Aussprache von Wörtern wie Magnet und signieren mit der Lautfolge [ŋn] vertraut. Wahrscheinlich spreche ich es so, wenn ich nicht darauf achte. Vielleicht kenne ich es so aus dem Elternhaus. Da wurde manches falsch ausgesprochen.

Wo ich auch schaue, ich finde überall die Ausspracheangabe [gn]. Da hier offenbar keine Auslautverhärtung vorliegt, beginnt die zweite Silbe zwangsläufig mit g: Ma|gnet, vgl. Mag|ma (g wie k gesprochen). Der Anlaut gn erscheint mir griechischen Ursprungs, ich weiß allerdings nicht, ob das hier zutrifft ("signum" ist ja Latein). So ganz wohl fühle ich mich mit Ma|gnet und si|gnieren nicht. Es mag richtig sein, aber sprechen die meisten es so?

Nun sehe ich mit einiger Überraschung, daß meine Lautfolge [ŋn] nicht völlig falsch ist:
https://la.wiktionary.org/wiki/signum
/ˈsiŋnum/

Nur in der lateinischen (!) Sprachvariante des Online-Lexikons, sonst habe ich es noch nirgends gesehen. (Ich habe es nicht eingetragen, ich schwör.)
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 02.02.2022 um 16.04 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#48453

Sehr interessant, hier wird die sonst so gut verheimlichte Aussprache sogar als die reguläre angegeben: https://la.wiktionary.org/wiki/Auxilium:Appellatio_Latina_Classica

Ist das im Deutschen wirklich ungebräuchlich?
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 13.02.2022 um 11.19 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#48531

Zu Herrn Riemers Kommentar #18297:
Ich sehe gerade auf Wiktionary einen Verweis auf Libien/Lybien.
https://de.wiktionary.org/wiki/-ien
(unten die Auflistung)
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 03.09.2024 um 18.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1425#53817

Nach meinem Eindruck ist libysch der entrundeten Aussprache von y mit i-Laut geschuldet, wie das ganz am Ende eines Stamms in Wörtern wie Polyester und Embryo völlig normal ist. Warum wurde ausgerechnet libysch statt libisch gewählt? Das liegt vielleicht am lateinischen libycus (bzw. der griechischen Entsprechung), es gibt ja das Suffix -c(us/a/um), zum Beispiel in Iliacus. Wenn nun aber auf eine Aussprache von libysch mit ü-Laut bestanden wird, tanzt das Wort aus der Reihe.

Manchmal kommt libyisch vor. Hier würde ich Betonung auf der ersten Silbe vorziehen (wie bei Libyer, da lateinisches libyicus (wo die Betonung auf die vorvorletzte Silbe fallen würde) nicht geläufig ist.
 
 

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